Jenaer Materialforscher entwickeln intelligente Fenster zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden
Auf der politischen Agenda stehen der Klimaschutz und hier insbesondere die Verringerung von Kohlendioxidemissionen ganz weit oben. Deshalb werden sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene Forschungsprojekte angestoßen, die eine Verbesserung der CO2-Bilanz durch die Nutzung verschiedenster Prozesse zur Folge haben sollen. Diese Forschungen sind nicht nur auf energieintensive Industriezweige ausgerichtet, sondern auch auf den Gebäudesektor. Hierunter fallen Ein- und Mehrfamilienhäuser genauso wie Gewerbeimmobilien und öffentliche Gebäude. Etwa 40 Prozent des europäischen Energiebedarfs entfallen auf das Heizen, die Kühlung, die Belüftung sowie die Beleuchtung von Gebäuden. Ein Hebel also der sich lohnt zu optimieren.
Diesem Themengebiet widmet sich auch das an der Friedrich-Schiller-Universität Jena initiierte und durchgeführte Forschungsprojekt „LaWin“ (Large-Area Fluidic Windows). Dessen neueste Ergebnisse wurden nun im Fachmagazin „Advanced Sustainable Systems“ veröffentlicht und in einer Pressemitteilung der Uni Jena vorgestellt.
Die Jenaer Materialwissenschaftler stellen in dem Artikel „A Large-Area Smart Window with Tunable Shading and Solar-Thermal Harvesting Ability Based on Remote Switching of a Magneto-Active Liquid“ (Link) einen Prototypen des von ihnen entwickelten schaltbaren Fensters vor. Dieser kann sich auf Knopfdruck selbst verschatten, aber auch zur solarthermischen Wärmegewinnung ist er einsetzbar.
Flüssigkeiten in Fenster- und Fassadenelementen einsetzbar
„Kernthema unseres Projektes ist die Nutzung von Flüssigkeiten in Gebäudehüllen, zum Beispiel als Wärmeträger oder um zusätzliche Funktionen in Fenster und Fassaden zu integrieren“, äußerte Prof. Dr. Lothar Wondraczek, Koordinator des Projektes und gleichzeitig Inhaber des Lehrstuhls für Glaschemie an der Universität. „Dafür entwickeln wir neuartige Glaswerkstoffe, in die sich großflächige Kanalstrukturen integrieren lassen. In diesen Kanälen zirkuliert dann eine für die jeweilige Anwendung geeignete Flüssigkeit.“
Bei dem Prototypen ist die Flüssigkeit mit kleinsten magnetischen Eisenpartikeln angereichert, welche mit Hilfe eines Magneten entweder herausgezogen oder, sobald der Magnet abgeschaltet wird, wieder zuführen lassen. Von der Menge der enthaltenen Eisenpartikel sei abhängig, welch starken Grauton die Flüssigkeit annehme. Dieser könne sich auch zu einem kompletten Schwarzton färben. So wird erreicht, dass sich die Fluidikfenster verschieden stark abdunkeln. Das einfallende Sonnenlicht wird dabei absorbiert, die Flüssigkeit erwärmt sich also.
Der erreichbare Wärmegewinn pro genutzter Fläche sei nach Angaben der Wissenschaftler mit anderen solarthermischen Anlagen vergleichbar. Ein großer Vorteil der Fluidiksysteme liegt auch darin begründet, dass sich diese einfach in die vertikale Fassade integrieren lassen. Für das Schalten wird ein separater Tank genutzt. Vorteilhaft ist zudem, dass ein elektrischer Anschluss am Fenster nicht vorhanden sein muss.
Möglicher Einsatz als Klimaanlage, Verschattung und zur Warmwasseraufbereitung
„Der Vorteil großflächiger Fluidikfenster besteht vor allem darin, dass sie Klimaanlagen, Verschattungssysteme und beispielsweise die Warmwasseraufbereitung in einem ersetzen können“, so Prof. Lothar Wondraczek. Ein Schlüssel liege hier in der Entwicklung großformatiger Glasbauteile, deren Fertigungskosten möglichst gering ausfallen sollten.
In den Gläsern müssen sich zum Einen Kanäle integrieren lassen, zum Anderen müssen sie aber auch während des gesamten Lebenszyklus des Gebäudes stabil bleiben und sich in herkömmliche Rahmen von Zwei- oder besser noch Dreifachverglasungen einfügen lassen. Diese Aspekte wurden bei den jetzt vorgestellten Prototypen, die es auf eine Gesamtfläche von 200 Quadratmetern brachten, nachgewiesen werden.
Die Europäische Union steuerte zu diesem Forschungsprojekt im Rahmen ihres „Horizon-2020-Programms“ Fördermittel von 5,9 Millionen Euro bei. Weitere 2,2 Millionen kamen von beteiligten Industriepartnern. In diesem Jahr ist die Kommerzialisierung der ersten Anwendungen vorgesehen. Über die weitere Entwicklung dieses Projekts sowie alle Neuigkeiten aus dem Bereich der energieeffizienten Gebäudetechnik erfahren Sie wie gewohnt im Blog der Cornelius Ober GmbH.
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